Warum kommt man auf die Idee, mit dem E-Bike quer durch Amerika zu fahren? – Diese Frage ist nicht ganz so einfach zu beantworten, denn es gibt zumindest vier Gründe.
Neugier
Es ist schrecklich weit, eigentlich weiss ich das. Doch bestimmt ist es noch viel weiter als ich mir vorstellen kann. Das ist jedoch auch einer der Reize daran. Man fliegt mal schnell in den Urlaub um die halbe Welt, aber wie gross sich die Welt tatsächlich anfühlt, erfahren die meisten Menschen im ganzen Leben nicht. Ich möchte es erfahren. Ich möchte es fühlen und erleben.
Why I am doing this
This question is not quite so easy to answer, there are at least four reasons.
Curiosity
It is terribly far, actually I know that. But it is certainly much further than I can imagine. But that is also one of the attractions of it. People fly halfway around the world for a quick vacation, but how big the world actually feels is something most people never experience in their entire lives. I want to experience it. I want to feel it and experience it.
Past Awareness
In December 2013, almost out of the blue, I peed blood in the morning. The day after, I received a diagnosis of incurable blood cancer. Within a few days, I was truly terminally ill. By a hair's breadth, the cancer would have taken me to the grave. My outlook was extremely poor in December 2013. I had eaten away bones, organ failure, soon dark blue legs, black toes, obnoxious pain, could no longer stand on my feets. For what felt like an eternity, nothing would help. No therapy, no medicine showed positive effect. No question, I was hanging by a thread: I was even advised to settle my "affairs".
Somehow I was under a kind of shock during the worst days. My perception was focused on enduring the pain, the blue legs and the black toes. Everything else penetrated my consciousness only delayed and often only fleetingly. Maybe that's why I didn't want to acknowledge the seriousness of the situation.
But obviously it turned out differently. While other patients, whom I met and who were actually in better condition, died, I was able to record a small progress, a small improvement every now and then. If it had been a race, you could say that I have slowly rolled up the field from the last position. And very slowly indeed: about 8 years of hard work on my body have gone by.
At the beginning very timidly: After several weeks the first time standing again for a short time, the day after a first step on the rollator and so on.
Much later it came to one (of numerous) key moments: After a short visit to my work colleagues in Sarnen, I wanted to go to the grocery store. That is about 300 meters, but it was not yet accessible for me on foot. So I got on the company bicycle and wobbled off. An intoxicating feeling of happiness overcame me. Out of sheer euphoria, I rode past my destination and crisscrossed the village. I was screaming inside with happiness and gratitude.
Even today, I train almost daily in some way to get my body back to the way I knew it from before, or at least to be able to keep what I have gained. Under the circumstances - as my attending doctors tells me - I am an absolute special case. Nobody would have thought this positive course possible, and under these circumstances I can be more than satisfied with my health. And I am. BUT - and now I come to the point of the whole treatise: Man does not only consist of body. And the spirit - I had to learn this as well - the spirit does not heal as fast as the body. This bad time has left its mark and will not be forgotten so quickly.
With this extraordinary strain, which I take on myself with this journey, I want to show my own spirit, my subconscious, how efficient my body is again, and thus contribute to the fact that the spirit can trust its own body better again.
Vergangenheitsbewätligung Im Dezember 2013 habe ich – fast wie aus heiterem Himmel – am Morgen Blut gepinkelt. Tags darauf bekam ich die Diagnose eines unheilbaren Blutkrebs. Innert weniger Tage war wirklich todkrank. Um Haaresbreite hätte der Krebs mich ins Grab gebracht.
Meine Aussichten waren im Dezember 2013 ausgesprochen schlecht. Ich hatte zerfressene Knochen, Organversagen, bald dunkelblaue Beine, schwarze Zehen, unausstehliche Schmerzen, konnte nicht mehr stehen, geschweige denn gehen. Eine gefühlte Ewigkeit wollte nichts helfen. Keine Therapie, kein Medikament zeigte positive Wirkung. Keine Frage, ich hing am seidenen Faden: Mir wurde gar geraten meine «Angelegenheiten» zu regeln.
Irgendwie stand ich in den schlimmsten Tagen unter Schock. Meine Wahrnehmung war fokussiert aufs Aushalten der Schmerzen, die blau gefärbten Beine und die schwarzen Zehen. Alles andere drang nur verzögert und oft nur flüchtig in mein Bewusstsein vor. Vielleicht wollte ich deshalb den Ernst der Lage nicht wahrhaben.
Ganz offensichtlich kam es aber doch anders. Während andere Betroffene, welche ich kennenlernte, und welche eigentlich in besserer Verfassung waren, verstarben, konnte ich immer mal wieder einen kleinen Fortschritt, eine kleine Besserung verbuchen. Wäre es ein Wettlauf gewesen, könnte man sagen, ich habe das Feld von der hintersten Position ganz langsam aufgerollt. Und zwar wirklich sehr langsam: Es sind rund 8 Jahre harte Arbeit an meinem Körper ins Land gezogen. Zu Beginn ganz zaghaft: Nach mehreren Wochen das erste Mal wieder kurz stehen, tags darauf einen ersten Schritt am Rollator usw.
Viel viel später kam es zu einem (von zahlreichen) Schlüsselmomenten: Nach einem Kurzbesuch bei meinen Arbeitskollegen in Sarnen wollte ich in die Migros. Das sind etwa 300 Meter, doch das war für mich zu Fuss noch nicht erreichbar. Also setzte ich mich auf das Betriebsfahrrad und wackelte davon. Ein berauschendes Glückgefühl überkam mich. Vor lauter Euphorie fuhr ich an meinem Ziel vorbei, kreuz und quer durchs Dorf. Ich habe innerlich geschrien vor Glück und Dankbarkeit. Noch heute trainiere ich fast täglich in irgendeiner Form daran, meinen Körper wieder so hinzubekommen, wie ich ihn von früher kannte, oder zumindest, dass ich das Erlangte behalten kann. Unter den gegebenen Umständen – das sagt mir meine betreuende Ärztin – bin ich ein absoluter Sonderfall. Niemand hätte diesen positiven Verlauf für möglich gehalten, und unter diesen Umständen kann ich mit meiner Gesundheit mehr als zufrieden sein. Und das bin ich auch. ABER – und jetzt komme ich auf den Punkt der ganzen Abhandlung: Der Mensch besteht nicht nur aus Körper. Und der Geist – das musste ich eben auch lernen – der Geist heilt nicht so schnell wie der Körper. Diese üble Zeit hat geprägt und geht nicht so schnell vergessen. Mit dieser ausserordentlichen Strapaze, welche ich mit dieser Reise auf mich nehme, will ich meinem eigenen Geist, meinem Unterbewusstsein vor Augen führen, wie leistungsfähig mein Körper wieder ist, und damit dazu beitragen, dass der Geist dem eigenen Körper wieder besser vertrauen kann.
To give courage
But with this journey I also want to encourage those affected who are at the beginning of their illness story and have no idea how and whether it should continue. I want to show these people that things can also turn out really well. Because you hear that far too little in the scene. Mut machen
Aber ich will mit dieser Reise auch jenen Betroffenen Mut machen, welche am Anfang ihrer Krankheitsgeschichte stehen und keine Ahnung haben, wie und ob es weitergeht. Ich will diesen Menschen zeigen, dass es auch richtig gut kommen kann. Denn DIES hört man in der Szene selten genug.
Entschleunigen
Hand aufs Herz, geschätzter Leser, war dein Tag vielleicht etwas hektisch oder zumindest absolut voll ausgelastet? Die meisten Leser werden das wohl mit Ja beantworten. So sieht auch mein üblicher Alltag aus, ob Wochentag oder Wochenende. Immer auf Trab, immer bestrebt, die Zeit gut zu nutzen. GENUG DAVON. Stell dir vor, an einem schönen Frühlingsmorgen dein Hinterteil auf einen Fahrradsattel zu schwingen, loszufahren und zu wissen, dass du erst ein Vierteljahr später wieder absteigst. Dazwischen gibt es nur Wind, Wege und Weite. Weite oft bis an den Horizont. Manchmal schöne Weite, manchmal wohl auch verfluchte Weite. Aber für mich klingt das wie der Duft der absoluten Entschleunigung. Ich bin sehr gespannt, wie gut ich mich wirklich auf die nicht endenden Weiten einlassen kann.
Decelerate
Hand on heart, valued reader, was your day perhaps a bit hectic or at least absolutely full to capacity? Most readers will probably answer yes to that. That's what my usual day looks like too, weekday or weekend. Always on the go, always striving to make good use of time. ENOUGH.
Imagine getting your rear end on a bike saddle on a beautiful spring morning, riding off, and knowing you won't get off again until a quarter later. In between, there's just wind, trails, and space. Often vastness all the way to the horizon. Sometimes beautiful vastness, sometimes probably cursed vastness. But to me it sounds like the scent of absolute deceleration. I'm very curious to see how well I can really get involved in the never-ending wideness.
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